Stefans Abenteuer im Land der fehlenden Berge und in der Physik
Über mich
StefanIch bin seit Juni 2007 Doktorand an der TU Delft, Niederlande. Neben (theoretischer) Physik interessiere ich mich für Politik, Bücher aller Art und Radfahren. Für weiteres, siehe meine Homepage.

Montag, 8. September 2008

Der LHC kommt -- Oder: Das Ende naht

Bald ist Weihnachten - nur noch 107 Tage. Ist man jedoch Teilchenphysiker (Disclaimer: Bin ich nicht, bin so ein Festkörperlangweiler), dann ist Weihnachten - und genaugenommen Geburtstag, Ostern und was-weiss-ich-noch - schon eher. Nämlich übermorgen. Dann geht der Large Hadron Collider am Cern in Genf endlich in Betrieb.

Mein Prof in Quantenfeldtheorie (damals in Kanada, lang ist's her) pflegte jede der mehreren dutzend Tafelseiten langen Herleitungen mit dem Kommentar einzuleiten: "... actually it is not rocket science to show, that...", damit meinter er, dass die ganze Sache doch eher auf der trivialen Seite des Lebens zu finden ist. Zumindest wenn man vor lauter geh-mü-nüs nicht den Überblick verlor. In der Tat, was der LHC genau macht, lässt sich sogar in einem HipHop-Song in weniger als 4 Minuten 50 erklären:

Somit bekommt die Abkürzung LHC noch eine ganz andere Bedeutung: Lustiger Hiphop Clip.

So und jetzt werfen wir noch einen Blick auf die ernstere Seite der Geschichte: Gerade heute habe ich wieder auf Spiegel Online gelesen, dass sich die Gegner des Beschleunigers inzwischen auf Todesdrohungen verlegt haben, denn anscheinend hat einer der beteiligten Theoretiker (für Experten, Frank Wilczek, Nobelpreis 2004) welche erhalten. Das ist nur eine letzte Episode in den Versuchen einiger, den Start des LHC zu verhindern, da sie befürchten, durch neu erzeugte Teilchen oder Schwarze Löcher könnte die Weltuntergehen. Und das, obwohl durch mehrere Studien belegt wurde, dass die im LHC voraussichtlich entstehenden Teilchen keinerlei Gefahr ausgeht. Weltuntergangswahrscheinlichkeit gleich null. Trotzdem wurde erst im August ein Antrag auf eine Einstweilige Verfügung vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte abgelehnt. Irgendwie finde ich das ganze bezeichnend für die Wahrnehmung der Physik in der Öffentlichkeit: Wir Physiker sind da nur ein paar verrückte Genies, die wohl im Keller eine Weltuntergangsmaschiene zusammenbauen nur um zu sehen, ob unsere Theorien stimmen oder nicht. Insbesonder mag ich das Zitat eines der Kläger (siehe der zitierte Spiegel-Artikel): "Die Leute bauen immer größere Teilchenbeschleuniger, ohne genau zu wissen, was bei den Experimenten herauskommt." Ja, also wenn man schon genau wüßte, was herauskommt, dann müßte man doch wohl kaum mehr experimentieren. Doch wovon wir Physiker schon eine ziemliche Ahnung haben, sind die Größenordnungen und Zeitskalen auf denen sich die zu erwartenden Effekte abspielen sollen. Und da zeigen alle Indizien darauf hin, dass wir uns mit dem Weltuntergang noch ein bisschen gedulden müssen.