Stefans Abenteuer im Land der fehlenden Berge und in der Physik
Über mich
StefanIch bin seit Juni 2007 Doktorand an der TU Delft, Niederlande. Neben (theoretischer) Physik interessiere ich mich für Politik, Bücher aller Art und Radfahren. Für weiteres, siehe meine Homepage.

Sonntag, 25. Januar 2009

Im Land der aufgehende Sonne oder: Lost in Translation

Zur Information der Allgemeinheit: Ich bin gerade beruflich in Japan, genauer in Sendai, einer Stadt mit einer knappen Million Einwohner welche ca. drei Zugstunden nördlich von Tokio liegt. So, wie komme ich zu einem Japan-Trip? Die Erklärung liegt bei meinem Doktorvater: Dieser war als Postdoc in Japan und ist mit einer Japanerin verheiratet, hat also beste Verbindungen ins Land der aufgehenden Sonne. Einer seiner Kontakte ist Prof. Sadamichi Maekawa, der hier in Sendai wirkt. Und so kam es dann, dass ich hierher eingeladen wurde.

Nun, jeder wird wohl eine gewisse Vorstellung haben wie Japan angeblich ist. Zumindest meiner Vorstellung nach waren die Japaner sehr höflich und freundlich und bestens organisiert. Nach zwei Tagen im Land kann ich sagen: Es scheint zu stimmen. Zum Beispiel dass hier alles hochakurat durchorganisiert ist. Der Wagen für den man eine Reservierung hält nicht wie in D halt in einem bestimmten Bahnsteigabschnitt -- nein, auf dem Bahnsteig gibt es tatsächlich eine Markierung, wo die Tür sein wird. Und natürlich wird der Zug tatsächlich Zentimetergenau halten. Oder: Dass die Japaner ausgesprochen höflich und freundlich sind. So entschuldigt sich zum Beispiel am Flughafen der Zoll mit einer Lautsprecherdurchsage, dass die Abfertigung etwas länger dauern könne, wenn man sein Zollformular nicht ausfüllt (mit ausgefülltem Formular hat es dann bei mir ca. eine halbe Minute gedauert..). Oder dass einem das Rückgeld stets mit Verbeugung überreicht wird (inzwischen beherrsche ich übrigens auch die Kunst, das Rückgeld beidhändig mit Verbeugung anzunehmen).

Auf jeden Fall ist es schon ein komisches Gefühl, wenn man auf einen Schlag der Exot ist. Ist mir erst gestern beim Abendessen (muss gestehen: war McDonalds) wieder aufgefallen: Als ich gegangen bin, hat mich quasi das ganze Lokal angestarrt. Ausserdem mache ich jetzt mal die Erfahrungen, die normalerweise Zweimetermenschen in Europa haben -- zum Beispiel, dass die Waschbecken einem irgendwo in der Mitte der Oberschenkel hängen, man sich also irre weit runterbücken muss, wenn man Wasser aus dem Hahn trinken will.

Aber irgendwie erscheint mir hier auch vieles ineffizient zu sein, zum Beispiel wenn um eine kleine Baustelle (ein Sicherungskasten wurde gestrichen) noch ein zusätzlicher Mann mit Absperrfahne rumwuselt und sich verbeugt, wenn man daran vorbeigeht. Was er dabei gesagt hat, keine Ahnung. Nehme aber an, dass es sowas wie eine Entschuldigung für die Unannehmlichkeiten war. Auch in den Läden scheint das Angestellten-zu-Kunden-Verhältnis wesentlich höher als in Europa zu sein -- nicht unbedingt eine negative Sache.

Aber man hat hier auch das Gefühl, nur das allernötigste Mitzubekommen. So zum Beispiel im Zug, wo auf eine ellenlange japanische Durchsage nur eine kurze englische folgt "Shortly, we will briefly stop in...". Entweder ist japanisch sehr ineffizient als Sprache oder es ging da einiges in der Übersetzung verloren -- "Lost in Translation". Es gibt übrigens einen sehr sehenswerten Film gleichen Titels, der in der Expat Gemeinde von Tokio spielt. Da gibt es eine Szene, die meiner Zugdurchsagenerfahrung ziemlich nahekommt: Bill Murray (Und täglich grüsst das Murmeltier, Ghostbusters) spielt einen Schauspieler, der in Tokio einen Werbeclip drehen soll. Auf eine minutenlange Auslassung seines Regisseurs auf japanisch folgt die Übersetzung "Play it more softly". Genauso scheint es eben auch im Shinkhansen zu sein.

Sonntag, 18. Januar 2009

Wenn die Deiche brechen.... oder: Deltawerke 2.0

In der aktuellen Ausgabe des Wired Magazines findet sich ein interessanter Artikel über den Küstenschutz in den Niederlanden. Genaugenommen konzentriert sich der Artikel auf die geplanten (und wohl auch notwendigen) Massnahmen, um dem durch den Klimawandel steigenden Meeresspiegel und den stärker werdenden Stürmen ein Schnippchen zu schlagen -- sozusagen Deltawerke 2.0.

Die Deltawerke wurden ja nach der verheerenden Flut von 1953 (1835 Tote in den Niederlanden) in Angriff genommen, um durch eine Verkürzung der Küstenlinie und Verstärkung der Seedeiche solche Katastrophen in der Zukunft unwahrscheinlicher werden zu lassen. Die berühmtesten Bauwerke sind wohl der Oosterschelde-Damm sowie das Maeslant-Sturmflutwehr (Maeslantkering), welches den Hafen von Rotterdam im Falle einer Sturmflut verschliessen soll. Obwohl die Deltawerke erst vor knapp zehn Jahren durch die Fertigstellung der Maeslantkering abgeschlossen wurden, scheint es schon jetzt wieder an der Zeit zu sein, weitere Massnahmen zu ergreifen um die Niederlande für die nächsten 100, 200 Jahre flutsicher zu machen. Dazu gehören so gigantisch anmutende Pläne wie vor der gesamten Dünenküste einen mehrere hundert Meter breiten Streifen Sand aufzuspülen und den Wasserspiegel des Ijsselmeeres anzuheben.

Ich fand noch interessant, dass nach offizieller niederländischer Politik nicht alle Seedeiche den gleichen Anforderungen entsprechen, sondern je stärker sind desto wertvolleres Land sie schützen. D.h. während die Deiche bei mir in der Gegend (in der Randstad, Rotterdam, Leiden, Den Haag, Utrecht, Amsterdam) am besten sind (man geht von einem Versagen einmal in 10000 Jahren aus -- hoffentlich sind diese 100000 Jahre nicht vor 2011 zu Ende), sind andere Gebiete (will heissen ländliche) weniger gut geschützt.

Donnerstag, 8. Januar 2009

Ich habe gelesen: "Denken Sie selbst! Sonst tun es andere für Sie" von Vince Ebert

Da es ja praktisch unendlich viele Bücher gibt, jedoch die Ressourcen eines Doktoranden beschränkt sind, ist der Kauf eines Buches stets eine wichtige Investitionsentscheidung für mich. Eigentlich, denn kurz vor meiner Rückfahrt nach Delft bin ich nur zufällig über "Denken Sie selbst! Sonst tun es andere für sie" von Vince Ebert gestolpert. Nun, wer Vince Ebert noch nicht kennt: Er ist neben Oskar Lafontaine und Angela Merkel der dritte Diplom-Physiker, der in Deutschland auf dem Gebiet des Kabaretts und der Comedy recht erfolgreich ist.

Nun gut, also zum Buch: Wieso soll man denn überhaupt denken? Amöben und Bakterien sind die erfolgreichsten Spezies auf der Erde, und die kommen ja bekanntlich ohne viel Verstand aus. Oder hat jemand schon einmal ein Kolibakterium beim Schrödingergleichunglösen beobachtet? Das ist mehr oder weniger der Einleitungsgedanke zum Buch. Danach geht es dann auf einer Rundreise durch die Untiefen der (Un)logik -- zum Beispiel, dass es statistisch gesehen mehr als fragwürdig ist, Lotto zu spielen und wieso technische Anleitungen immer so sind, dass sie nur ein Entwicklungsingenieur verstehen kann.

Ich will jetzt nicht zu viel verraten, aber das Buch hat mir eine ansonsten total verkorkste Heimfahrt aufgeheitert (in Mannheim stellte sich raus, dass mein Zug nach Amsterdam nur bis Köln fährt, der Anschlusszug in Köln hatte ein paar Macken, so dass er in Arnhem schlussendlich liegen blieb). Nur ein Kritikpunkt an Herrn Ebert: Früher, zu seinen Studentenzeiten, mögen vielleicht die Physiker wattierte Nylonjacken auf Partys getragen haben. Heute trägt man dazu verratzte Kaputzenpullies und schlecht sitzende Jeans.