Stefans Abenteuer im Land der fehlenden Berge und in der Physik
Über mich
StefanIch bin seit Juni 2007 Doktorand an der TU Delft, Niederlande. Neben (theoretischer) Physik interessiere ich mich für Politik, Bücher aller Art und Radfahren. Für weiteres, siehe meine Homepage.

Montag, 12. Juli 2010

Wereldkampioen? Niet 2010.

Erklärung: Dieser Artikel erscheint trotz schärfster Einwände meines PR-Beraters: Buchstäblich jahrzehntelang war Fussball-Ignoranz ein fester Bestandteil meines Images. Daher hätte ich eigentlich gestern abend genau das tun sollen, was ich bei den übrigen Spielen getan habe. Nämlich: Alles, ausser Fussball schauen. Daher ist das, was nun folgt, nicht als Beginn eines angestrebten Imagewandels zu verstehen, sondern vielmehr als Beichte eines einmaligen Ausrutschers, den ich auch zutiefst bereue (auch wenn es mir keiner glaubt: wirklich!).

Die Niederlande sind im Finale! Für alle in Deutschland, die noch vor vier Jahren "Ohne Holland fahrn' wir nach Berlin" gesungen haben, mag das ein Schock gewesen sein. Für mich hier in Delft hat das bedeuted, noch ein paar Tage länger in einer Umgebung mit viel zu vielen orange gekleideten Menschen zu leben. Einer meiner Nachbarn hatte eine riesige orange Fahne mit "Hup! Hup! Holland!" im Fenster hängen, ein anderer hat das Geländer in unserem Haus kunstvoll mit Wimpeln verziert (um nicht zu sagen: verpackt). Und an der Uni war die WM Kaffepausengesprächsthema Nummer eins.

Da anscheinend keine Ausreden gültig war, das Finale nicht anzuschauen, "musste" ich mich wohl oder übel mit ein paar Freunden auf dem Marktplatz treffen. Unser Plan, eine Stunde früher am Markt zu sein, um noch einen Sitzplatz in einem der vielen Cafes zu erwischen, war natürlich von Anfang an zum Scheitern verurteilt -- alle Sitzplätze belegt, wohl von Leuten, die schon seit dem Morgen hier waren. Daher also: Stehen, in siebter Reihe oder so. Nun gut. Dankenswerter weise hat Francois einen holländische Fanhut mitgebracht, so dass ich doch nicht der einzigste un-orangene bin:


Kurz vor dem Anpfiff, die erste neue Erkenntnis dieser anthropologische Feldforschung: In den Niederlanden steht man vor dem Spiel auf und singt die Nationalhymne -- auch wenn man eigentlich nur Fernseh schaut. Zum Glück aber hat sich wohl die FIFA damit begnügt, nur die erste Strophe abzuspielen, denn sonst wäre das Spiel wohl etwas später losgegangen. Denn: nach Wikipedia hat "Het Wilhelmus" 15 (!) Strophen. Da wären wir wohl um neun noch nicht fertig gewesen.

Zum Spiel, oder besser gesagt zu den Fans, die das Spiel angeschaut haben: Bekanntlich leiden Fans ja unter einem Realitätsverlust. So auch in Delft: Da pflügt ein niederländischer Spieler seinen spanischen Gegner in Grund und Boden, und der Schiri hat dann die Frechheit, doch tatsächlich eine gelbe Karte zu zeigen. Dabei weiss doch jeder (zumindestens in Delft auf dem Marktplatz), dass das doch alles grundehrliche Jungs sind, die nun eben mit einem schlecht gelaunten, blinden, herzlosen Schiedsrichter gestraft sind. Aber als der Wind eines vorbeieilenden spanischen Spielers nur das Trikot eines Oranje bewegt, da schrien tausend Kehlen "rood!". Natürlich waren alle Zuschauer hier auch die besseren Schiedsrichter.

Die fiale Erkenntnis meiner Feldforschung: Den Weltmeisterpokal in den Händen der Spanier zu sehen, scheint den meisten Holländern physischen Schmerz zu bereiten. Denn kaum war der Schlusspfiff ertönt, da schaltete der Wirt in unserem Cafe mit einem "Das kann ich mir beim besten Willen nicht ansehen"-Ausdruck auf dem Gesicht den Fernseher aus. Auch unser Versuch im Nachbarlokal weiterzuschauen fand ein vorzeitiges Ende -- hier war es ein Gast, der den Stecker zog.

Jetzt bin ich noch gespannt auf meine beiden Mitbewohner (sind gerade im Urlaub bzw. auf Praktikum). Denn der eine ist Spanier, der andere Holländer. Mal sehen ob die noch miteinander reden...

Samstag, 10. Juli 2010

Visitenkarten mit LaTeX

Achtung, also jetzt kommt etwas sehr nerdisches: Wie bastle ich mir eine Visitenkarte mit LaTeX? Man nehme einen Abend Zeit, ein bisschen Erfahrung mit dem TikZ-Paket (ist seit einiger Zeit mein Lieblings LaTeX Grafikpaket) und ein bisschen Muße, sich in die Paketprogrammierung einzulesen. Heraus kam dann ein Paket, das Visitenkarten wie diese (für meinen alten Freund Sokrates) produzieren kann:Sieht gut aus, oder? Also, wer Lust hat, kann sich den Sourcecode herunterladen und damit herumspielen. Im Angebot wären folgende Quelldateien:
  1. sbcard.ins
  2. sbcard.dtx
Die Installation ist einfach: Kopiere sbcard.ins und sbcard.dtx in ein Verzeichnis, führe einmal "latex sbcard.ins" aus. Dies produziert die Dateien sbcard.sty (die Paketdatei), sbcard_doc.tex (die Dokumentation, wer nicht den Quelltext lesen will, kann sie ja nochmal durch LaTeX jagen..), example.tex (das Beispiel) und zwei Hilfsdateien mit der Endung *.card. Viel Spass beim TeXen!


Montag, 5. Juli 2010

Unterhaltung der seltsamen Art

Eine ZEIT zu kaufen ist eigentlich nichts, worüber es sich lohnt, zu schreiben -- mach ich ja (fast) jede Woche. Dieses mal jedoch kam es dabei zu einer Unterhaltung der etwas seltsamen Art. Die Titelgeschichte diese Woche ist ja "Rettet die deutsche Sprache!". Wie ich also in Friedrichshafen so meine ZEIT kaufe, wirft die Verkäuferin einen Blick auf die Titelseite und bemerkt, "es wäre doch wirklich Schade, wenn das Deutsche verschwinden würde". Meine Antwort war wohl eher in die Richtung, dass es doch etwas arg übertrieben sei (nach meiner Erfahrung: je mehr Sprecher eine Sprache hat, desto besessener sind dieselbigen von der Angst, Englisch könnte ihre Sprache verdrängen). Nun, im Schnelldurchgang erörtern wir, ob nun Englisch in der Tat eine häßliche ("diese Kaugummisprache, einfach gräßlich", so die Verkäuferin) oder doch eine schöne Sprache ist (meine bescheidene Meinung). So weit ein typischer Smalltalk am Zeitungskiosk. Doch dann wechselt die Verkäuferin plötzlich das Thema: Ob ich denn wüsste, dass Gott einem Menschen innerhalb einer Sekunde eine neue Zungensprache beibringen könne? Aha.... nein, wusste ich nicht. Mein heftiges Augenrollen und mehr als unenthusiastische Antwort hält sie jedoch nicht ab, fortzufahren. Also Gott hätte ihr die Sprache von Mekka beigebracht, und jetzt würde sie immer zu den Türken (wohl in die Häfler Moschee?) zum missionieren gehen -- noch mehr Augenrollen meinerseits, langsam bereite ich den Rückzug zum Fahrrad vor. Die Bemerkung, dass Arabischkenntnisse bei Unterhaltungen mit Türken in etwa so sinnvoll sind, wie profunde Finnischkenntnisse bei Unterhaltungen mit Italienern spar ich mir. Während ich mich aufs Rad schwinge, bekomme ich auch noch eine Demonstration der "Zungensprache von Mekka": "allasod quodifadf dkjfweow" oder eine ähnliche zufällige Abfolge von Konsonanten und Vokalen. Oh Mann, dass es solche Leute tatsächlich gibt...